Besuch auf dem Spargelhof
Was der Spargel so treibt.
Der Spargel im Mittelpunkt: Eine Exkursion von SlowFood Augsburg und SlowFood Ulm.
Der Spargel treibt den Stodara aufs Land.
Dorthin, hart an den Rand zum Donaumoos, wo der Sand in Windhosen daher kommen
und so fein wie in einer Wüste zu kleinen Dünen gehäufelt sichtbar werden kann. Um
sich das Treiben von sachkundigen Einheimischen erklären zu lassen.
Von den Stecherinnen und Stechern ist die Rede, den Stechenden also, modern
ausgedrückt. Von der Nachfrage in der Spitzengastronomie (deren Spitzenköche sich
nicht alle ausschließlich spitze wertschätzend gegenüber gut, sauber & fair arbeitenden
Erzeugern verhalten).
Die zuhörenden Lechtal-Bewohner (und sogar von dort, wo die Iller in die Donau fließt
waren einige gekommen), sind einerseits bemitleidenswert, denn auf ihrem Kieselgrund
gedeiht kein Spargel nirgends. Andererseits können sie mal „ins Blaue fahren“, auch
wenn längst kein Flachs mehr angebaut wird, auf dem Land. Also einen Ausflug machen
in die Nachbarschaft, wo praktischerweise die Gletscher den Sand in die
Schrobenhausener Gegend geschoben haben.
Durch das fluffige und früh im Frühjahr schon warme Silikat räkelt sich die Sprosse des
Spargels mit triebhafter Wonne, stellen die Staunenden vor Ort fest. Mit ein wenig Glück
kann der Lechtaler auch einem Spargel direkt beim Treiben zuschauen, quasi in flagranti.
Und der treibts ́s so bunt, dass gleich zwei Mal pro Tag gestochen werden kann.
Wenn der Spargel beim nach oben schieben den verräterischen 3er-Riss ins Sonnenlicht
bricht – zack – ist schon die Frau Rehm zur Stelle – und legt ihn zu den anderen. Bei den
Rehms darf der Spargel noch, was seine Natur ist: Ohne Folie ins Freie spitzeln. Ein
wenig blau werden, wenn die Stechenden nicht schnell genug sind. Das lässt den
Geschmack steigen, den Wert sinken. Wie auch das geringe Interesse an Spargelspitzen
dem Erzeuger Rehm, gradheraus wie er ist, nicht eingehen mag: Für das Beste am
Spargel interessiert sich auf dem Markt, auf dem er die weiße Ware auch weitläufig
verkauft, nur jede zehnte Käuferin und Käufer. Herr Rehm ist kein PR-Mann, er sagt wie
es ist in seinen Augen, wie er traditionell zu wirtschaften versucht, und welche Blüten
das Gewerbe um ihn herum treibt. Keine reine Lehre weit und breit, aber das ist halt
schlicht die Realität zwischen wechselhafter Witterung und verwöhnten Aufessern.
Die Besuchenden sind angetan, versenken große Beutel frischester Ware in den
Kofferräumen. Im nahen Gasthof verzehren die Aspargus-Philen mit Wonne die Triebe,
sie teilen die Stangen gesittet mit Messer und Gabel in mundgerechte Stücke, oder
schlutzen sie, lautes Schmatzen tunlichst vermeidend, wie der Hase den blühenden
Löwenzahn im Ganzen genüsslich in den Mund. Von hinten nach vorne, das ist wichtig,
denn die Spargelspitze verspricht königliche Weichheit, die Krönung der 5. Jahreszeit, in
der sich fleischlos und fleischhaft Essende friedvoll über die weißen, grünen und lila
Stangen beugen.
Wen es dann wie sonst auch auf den Abort treibt, nichts denkend, nichts ahnend, öffnet
sich sinnlich, staunend kurz der Mund, dem ein kleiner, überraschter Laut entweicht.
Auf dem Feld ist es jetzt wieder still.
Oder täuschen wir uns?
Von Weitem her, aus der barocken Dorfkirche, ist das brausende Orgeln eines Te Deums
zu vernehmen. Vielleicht ist uns der Spargel zu Kopf gestiegen. Die Nieren stärkt er, das
Rheuma vertreibt er. Soweit herrscht Einigkeit. Ansonsten liegt beim Spargel noch viel
im Dunklen.
Und am Rande des Waldes, ganz am Ende all der plastik-nackerten Bifangs, rümpft ein
Hase zwei, drei Mal sein Näslein.
Josef Schmaus
Spargelerzeuger mit SlowFood-Werten: Josef Rehm.
Extra portionierte Häppchen:
Veronika, der Lenz ist da
Lied von den Comedian Harmonists (1930)
Veronika, Veronika, Veronika, der Lenz ist da
Veronika, der Lenz ist da
Die Mädchen singen tralala
Die ganze Welt ist wie verhext
Veronika, der Spargel wächst!
Ach du, Veronika, die Welt ist grün
D’rum lasst uns in die Wälder ziehen
Sogar der Großpapa sagt zu der Großmama
„Veronika, der Lenz ist da“
Mädchen lacht, Jüngling spricht
„Fräulein, wollen Sie oder nicht
Draußen ist Frühling“
Der Poet, Otto Licht
Hält es jetzt für seine Pflicht
Er schreibt dieses Gedicht
Veronika, der Lenz ist da
Die Mädchen singen tralala
Die ganze Welt ist wie verhext
Veronika, der Spargel wächst
Ach du, Veronika, die Welt ist grün
D’rum lasst uns in die Wälder ziehen
Der liebe alte Großpapa sagt zu der guten Großmama
„Veronika, der Lenz ist da-da-da
Da-da-da, da-da-da-da-da-da-da-da-da
Da-da-da, da-da-da-da-da-da-da-da-da“
Sie sollen frohlocken
Der Lenz ist da, Veronika
Die ganze Welt ist wie verhext
Veronika, der Spargel wächst
Oh Veronika, Veronika, die Welt ist grün
Drum lass uns in die Wälder ziehen
Sogar der liebe, gute, alte Großpapa
Sagt zu der lieben, guten, alten Großmama
„Veronika, der Lenz ist da!“
Veronika, der Lenz ist da
Die Mädchen singen tralala
Die ganze Welt ist wie verhext
Veronika, der Spargel wächst
Veronika, der Lenz ist da
Der Ur-Instinkt
Wer im Frühjahr abnimmt,
gesunden Spargel verzehrt,
folgt seinem Urinstinkt.
Wen das Wasser treibt
stellt fest:
Urin stinkt. (J.S.)
Ein Te Deum:
https://www.youtube.com/watch?v=thOz4J4M1LE